Wer ist Ganesha ? ...

Parvatis Sohn Ganesha,
der Gott des Anfangs und des Gelingens


Der wohl meist geliebte Gott im hinduistischen Pantheon ist Ganesha, der Gott mit dem Elefantenkopf, der von Hindus, Buddhisten und Jaina gleichermaßen verehrt wird. Er wird als Sohn von Shiva und Parvati gesehen; es gibt jedoch Darstellungen eines offensichtlich heiligen Elefanten die ebenso alt sind, wie die allerersten Darstellungen eines Jogi, die als Vorläufer des Jogagottes Shiva gelten. Ganeshas glühende Anhänger aber betrachten ihn und nicht Shiva als Herrscher des Joga. Seine gesamte Erscheinung, einschließlich seines Reittieres, der Ratte, verbinden sie in symbolischer Bedeutung mit den Jogaprinzipien. Ganesha ist auch ein typischer Volksgott, den als Gott der Weisheit, der Überbringer des Glücks und der Beseitiger aller Hindernisse gesehen wird. Vor Beginn einer Reise, eines Rituals oder eines wichtigen Unternehmens wird immer zuerst Ganesha angerufen und verehrt. Er ist verheiratet mit Siddhi (mystische Kraft) und Buddhi (Einsicht). Er gilt als Schutzherr der Wissenschaften, der Schriften und der Ausbildung.

Wie Skanda strenggenommen nur Shivas Sohn, so ist der elefantenköpfige Ganesha der Sohn nur der Parvati. Über Ganeshas Geburt und die Entstehung seines Elefantenkopfes gibt es verschiedene Versionen. Eine beliebte Geschichte berichtet, daß Parvati längere Zeit allein war, weil ihr Mann Shiva sich in Meditation zurückgezogen hatte. Sie beschloß, sich selbst einen Sohn zu machen und formte ihn, bevor sie ihr tägliches Bad nahm, aus dem Schorf ihres Körpers mit Salben, Ölen und Gangeswasser, und stellte ihn als Türwächter vor den Baderaum. Damals hatte Ganesha einen normalen Menschenkopf. Zum Kopf eines Elefanten kam er durch den Zorn des Shiva. Als er diesem den Weg zu seiner Gattin verstellte, weil sie gerade badete, und er Shiva ja nicht kannte, sei der große Gott so in Zorn geraten, daß er dem Ganesha mit dem Schwert den Kopf abschlug. Parvati war. außer sich und flehte Shiva an, Ganesha wieder zum Leben zu erwecken. Shiva versprach darauf, ihn mit dem Kopf des ersten vorbeikommenden Lebewesens auszutauschen und ins Dasein zurückzurufen. Das erste Wesen war ein Elefant. Durch die Wiederbelebung ist Ganesha auch Shivas Sohn geworden und wird von ihm anerkannt.

Die Kunst Indiens stellt Ganesha stehend, tanzend und sitzend dar. Oft reitet er auf seiner Ratte, die zuweilen den Rosenkranz (aksamälä) im Maul hält. Seine Farbe auf Malereien ist gelb oder fleischfarben. Ganesha oder Ganapati wird als dickbäuchiger Gott mit meistens vier Armen, auf einem Lotosthron oder seinem Reittier der Ratte sitzend oder tanzend dargestellt. Seine häufigsten Attribute sind Fangseil, Stachelstock und eine Schale mit Naschwerk. Eine Schlange ist sein Gürtel. Sein gewaltiger Bauch symbolisiert das Universum. Mit seiner freundlichen, sehr weltlichen Erscheinung verkörpert er das Paradaxon: irdische Genüsse stehen tiefgreifender geistiger Einsicht keinesfalls im Wege. Er hat zwei oder vier Hände: Die rechten halten den abgebrochenen Stoßzahn (danta) und den Stachelstock (ankusa), wie er zum Lenken des Elefanten verwendet wird, die linken tragen die (stilisierte) Schlinge (päsa) und eine Frucht (phala), manchmal einen Reiskloß (pinda), denn Ganesha ißt und nascht gern. Begleitet ist der Gott von einer Feldratte (äkhu).

Von Ganesha oder auch Ganapathi existieren etwa neunzig Erscheinungsformen. In seltenen Fällen sehen wir ihn mit zwei Armen, aber gebräuchlich sind vier, möglicherweise sogar bis zu zehn. Meist hat er nur einen Kopf, es sind aber auch Darstellungen mit vier Köpfen bekannt.

Als Omkara-Ganapathi zeigt Ganesha, daß sich seine gesamte Gestalt, wie seine Jogaanhänger behaupten, aus dem heiligen Klang AUM oder OM ableitet. Sowohl in Sanskrit- (links) als in tamilischer Schreibweise (rechts) zeigt die Silbe OM ein Schriftbild, in dem Kopf und gebogener Rüssel von Omkara-Ganapathi schwach erkennbar sind.

Eine besondere Erscheinungsform ist die des tanzenden Ganesha, Nritya-Ganapathi . Was dem arglosen Betrachter als ungelenkes Schauspiel erscheinen mag, hat doch dieselbe tiefe Bedeutung wie der kosmische Tanz von Shiva. Mit den Schaukelbewegungen seines linken und rechten Fußes läßt Ganesha die Welt entstehen und wieder verschwinden. Zwar scheint Shivas Tanz abwechslungsreicher und vor allem eleganter, aber das ist nur die äußere Choreographie. Ganeshas Tanz verkörpert den Herzschlag des Universums, der alle bestehenden Erscheinungsformen vereint, wie grob oder bizarr sie auch auf den ersten Blick wirken mögen.

Historisch scheint Ganesha aus einem Naturgeist (yaksa) hervorgegangen zu sein, wie sie für die Fruchtbarkeit der Felder zuständig sind. Die Yaksas werden als rundbäuchige Gnome vorgestellt und hüten die im Boden verborgenen Schätze einschließlich der Ernte. Manche Attribute Ganeshas lassen sich als landwirtschaftliche Geräte deuten: Der Stachelstock könnte ein Hakenpflug sein, die Schlinge dient zum Binden der Garben. Nach seiner Aufnahme in die Shiva -Familie wurde Ganesha zum »Gebieter der Scharen« (gana-isa) ernannt, nämlich der untergeordneten Gottheiten im Kreise um Shiva. Im 5. Jahrhundert n.Chr. wurde er ein Thema der bildenden Kunst. Zeitlich ist er der letzte Gott, der ins Hindu - Pantheon aufgenommen wurde.

Ganeshas freundliches Wesen und sein Zuständigkeitsbereich machen ihn dem Hindu ungemein lieb. Er ist nicht nur der Gott der Intelligenz und Weisheit, sondern auch »Der (Herr), der die Hindernisse beseitigt« (Vighnantaka) und den Anfang ermöglicht.

Vor jedem physischen und geistigen Unternehmen wird er angerufen:

»Om, Ganeshaya namah!
Om, Ehre dem Ganesha!«

Ob man eine Reise antritt oder eine Maschine in Gang setzt, ob man ein Buch zu schreiben beginnt oder sich einem Examen zu stellen hat, ob man ein geschäftliches Projekt anpackt oder vor Gericht obsiegen will - stets ist es ratsam, dem Ganesha einen Reiskloß, eine Blüte, ein Räucherstäbchen und ein Gedenken darzubringen, damit er die Hindernisse niedertrampelt oder mit seiner breiten Elefantenstirn beiseite schiebt: Falls er nicht seine findige Ratte ein Schlupfloch suchen läßt.

Auch bei Hochzeiten wird er angerufen, denn die Ehe ist ein neuer Anfang und soll von Glück gesegnet sein. Auf den meisten Einladungen zu einer Hindu-Hochzeit ist als kleines Emblem Ganesha zu sehen. Gelegentlich ist der Stachelstock durch eine Axt, die Schlinge durch einen Lotos ersetzt, überhaupt sind ikonographische Varianten häufig. An seinem Elefantenkopf ist der Gott in jedem Falle zu erkennen, so daß seine Attribute für die Identifizierung weniger wichtig sind.

Da Ganesha am Anfang Jeglichen Unternehmens steht, ist es folgerichtig, daß er morgens verehrt wird, wenn der Tag beginnt. Die günstigsten Minuten sind die, wenn die Sonne sich hochschiebt über den östlichen Horizont.

Mancherlei Volkserzählungen ranken sich um den freundlich-pfiffigen Gott. Den Stoßzahn soll er sich abgebrochen haben, um ihn auf den Mond zu schleudern, der über seinen Bauch gelacht hatte. Nach anderer Version büßte er den Zahn ein, als er dem Parasuräma am Kailäsa-Berge den Zutritt zu dem schlafenden Shiva verwehrte. Parasuräma schleuderte seine Axt auf den pflichtbewußten Türhüter, die ihm den Zahn abbrach. Einer dritten Geschichte zufolge benutzte Ganesha den Stoßzahn als Griffel, um das Epos Mahäbhärata niederzuschreiben, das der Weise Vyäsa ihm drei Jahre lang diktierte. Ganesha und Vyäsa hatten ein kluges Abkommen getroffen: Vyäsa durfte beim Diktat niemals ins Stammeln geraten und Ganesha nichts niederschreiben, was seinem Verstand nicht einging.

Um zu entscheiden, wer zuerst heiraten dürfe, veranstaltete Shiva zwischen Skanda und Ganesha einen Wettbewerb. Sieger sollte sein, wer als schnellster die Welt umrundete. Skanda auf seinem Pfau umkreiste die Erde in nur einem Tag. Ganesha auf seiner Ratte umwanderte Shiva und Parvati in wenigen Sekunden. Damit war er der Sieger denn in Shiva und Parvati ist nach Hindu-Vorstellung die ganze Welt beschlossen.

Schwerpunkte des Ganesha-Kultes sind Südindien und der Unionsstaat Mahärästra mit der Hauptstadt Bombay. Im August/September jeden Jahres feiert man dort das Ganesha- oder Ganapati-Fest, bei dem große, aus Lehm geformte Ganesha-Idole mit Kokosnüssen, Bananen und Süßigkeiten symbolisch gespeist und mit Musik verehrt werden. Zu Ende des Festes trägt man sie feierlich zum Meer oder einem Fluß und versenkt sie. Das gleiche geschieht mit den kleinen Ganesha-Figuren, die das Jahr über im Hause gestanden haben, meist auf einem Sockel über dem Türbalken oder in der Zimmerecke. Die aus der Erde gekommene Gestalt kehrt in den Naturhaushalt zurück.

Herzlichen Dank an Reiki-World  - für diese ausführliche Textquelle.

 

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